LVWO Weinsberg
 

Unterlagenwahl 

 

Bei der Unterlagenwahl steht eine gute Anpassung/Eignung für den gegebenen Standort/Boden an oberster Stelle. Kalkgehalt, Bodenart bzw. Lagerungsdichte geben dabei die Richtung vor. Daneben kommt unter den heutigen Bewirtschaftungsverhältnissen mit weitgehender Begrünung sowie zunehmender Mechanisierung sowohl einem hohen Wasser- und Nährstoffaneignungsvermögen als auch guter Verdichtungsverträglichkeit eine hohe Bedeutung zu. Die Folgen des Klimawandels im Hinblick auf ausgeprägte Feuchte-, aber auch Trockenphasen sowie der verfrühte Reifebeginn stellen ihrerseits veränderte Anforderungen an die Unterlagen. Sie sollten einerseits nicht zu stark wachsen, andererseits jedoch eine hohe Trockentoleranz haben, aber nicht zu spät im vegetativen Wachstum abschließen und damit weniger fäulnisfördernd sein. Gerade die in Württemberg und Franken sehr häufig verwendete Unterlage 5 BB hat in Bezug auf die Wuchsstärke und damit Fäulnisförderung gewisse Schwächen. Hinzu kommt eine leichte Reifeverzögerung, die bei weniger günstiger Herbstwitterung sowie in geringeren Lagen, mit ihrem besonders geringen Energieangebot in den letzten Reifewochen, zu deutlich schlechteren Reifegraden führt. In überdurchschnittlichen Lagen, mit ihrem relativ guten Energieangebot in der letzten Reifephase, kann die verspätete Laubalterung jedoch zur verlängerter Assimilationsaktivität und somit höheren Reifegraden führen - siehe hierzu Übersichten 3 bis 5.

 

Die klimawandelbedingt günstigeren Assimilationsbedingungen führten in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit ausreichender Wasserversorgung vielerorts zu besonders kräftigem Wachstum. Sowohl dies, als auch die höhere Pflanzdichte - bis zu 5000 Stöcke/ha und damit geringerer Stockbelastung - spricht für die Verwendung weniger wuchskräftiger Unterlagen. Die im Weiteren angeführten Ergebnisse aus unseren Versuchen deuten zumindest für Riesling an, dass auf tiefgründigen, triebigen Standorten die Verwendung der Unterlage 5 BB wohl nicht erforderlich ist. In Verbindung mit Dauerbegrünung, wie heute verbreitet anzutreffen, und somit flacher streichenden Wurzeln dürften die Unterlagen SO4 sowie Binova durchaus auch auf schwereren Böden geeignet sein, ohne jedoch die Nachteile zu starken Wuchses und einer gewissen Reifeverzögerung zu haben.

 

Übersicht 3: Eigenschaften wichtiger Unterlagen

5 BB besonders trockenfest und sehr verdichtungsverträglich, für beste Lagen, schließt spät ab und nutzt dortiges hohes Energieangebot in späterer Reifephase, eher reifeverzögernd

SO4 und Binova mittelstark wachsend, keine Reifeverzögerung

125 AA trockenfest, Burgunderarten, etwas verdichtungs-und feuchteempfindlich

Börner sehr reblausfest, trockenfest, nässeempfindlich, bei Begrünung keine Chloroseprobleme, mittelstarker Wuchs, für Trollinger weniger geeignet

 

 

Übersicht 4: Aspekte bei der Unterlagenwahl

 


 

Übersicht 5: Folgerungen für die Unterlagenwahl

Gute Anpassung (Adaption) an die Bodeneigenschaften (Kalkgehalt, Lagerungsdichte) hat höchste Priorität

Schwere Böden sowie die zunehmende Mechanisierung erfordern eine hohe Verdichtungsverträglichkeit

Die Wuchskraft muss auch bei Begrünung für eine genügend große Assimilationsfläche ausreichen

Ein ausreichendes Wasseraneignungsvermögen beziehungsweise hohe Trockenfestigkeit ist auch im Hinblick auf den Klimawandel unabdingbar.

Die Wasseransprüche der Edelreissorten sind gezielt  zu beachten

Rotweinsorten - insbesondere Burgunderarten -haben geringere Ansprüche, Weißweinsorten und Trollinger höhere

 

Eine Ertragssteuerung ist über die Unterlage nur sehr bedingt möglich. Klonenwahl, Anschnitt und Ertrags-regulierungsmaßnahmen sind hierzu wesentlich besser geeignet.

 

 

 

Ergebnisse aus Versuchen
 

Wie aus Übersicht 6 hervorgeht, liegen die Leistungen der gebräuchlichen Unterlagen im langjährigen Vergleich in allen Leistungsdaten relativ nahe beieinander. Ausnahme ist die deutlich höhere Holzleistung bei 5 BB. Diese hohe Wüchsigkeit führte in vielen Jahren zu einem früheren und stärkeren Botrytisbefall, was tendenziell zur Beeinträchtigung von Ertrag und Mostgewicht führte. Interessant ist die gute Leistung der besonders reblausfesten Unterlagen Börner auf dem schweren Keuperverwitterungsstandort am Ranzenberg. Hier trat lediglich in den ersten Jahren nach der Pflanzung leicht Chlorose auf. Nach Umstellung auf Dauerbegrünung war hier keinerlei Chlorose mehr zu beobachten. Aufgrund der langjährigen Ergebnisse/Erfahrungen kann die Unterlage Börner auch wegen ihrer guten Trockenfestigkeit mit Ausnahme von Trollinger, der öfter und längerfristig chlorotisch werden kann, durchaus als gut geeignet eingestuft werden. Wo besondere Probleme mit der Reblaus zu erwarten sind, ist die Unterlagensorte Börner den gebräuchlichen Unterlagen auf jeden Fall vorzuziehen.

In seit einigen Jahren auch an der LVWO laufenden Versuchen zur Unterlagen-eignungsprüfung haben sich bei den neuen Unterlagen Richter 110, Cosmo 2 und Georgikon bisher gegenüber der Vergleichsorte SO4 keine besseren Leistungen ergeben. In ebenfalls jüngeren Versuchen mit der altbekannten, weniger wüchsigen Unterlage Couderc 3309 konnten wegen teils starkem Chloroseauftreten, auch unter den heutigen Bewirtschaftungsbedingungen, keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden. Besonders auf schwereren, verdichtungsgefährdeten Standorten sind diese Probleme hinlänglich bekannt. In überregionalen Vergleichen anderer Versuchs-ansteller mit neueren Unterlagen haben sich bisher ebenfalls keine eindeutigen Vorteile gegenüber den älteren Unterlagen einschließlich der 125 AA ergeben. Den dort unter anderem geprüften Unterlagen Ruggeri 140 und Paulsen 1103 wird ein besseres Wasseraneignungsvermögen und damit stärkerer Wuchs sowie verzögerte Traubenreife zugeschrieben. Der stärkere Wuchs würde jedoch der erwünschten Lockerbeerigkeit zuwiderlaufen. Vor diesem Hintergrund können derzeit deshalb außer der Unterlagensorte Börner keine Empfehlungen in Richtung neuerer Unterlagensorten gegeben werden.

 

Übersicht 6: Ergebnisse aus Unterlagenvergleichen

Riesling Gundelsheim Mittelwerte aus 1997 bis 2007

 

kg/a

°Oe

g/l Säure

Holz kg/a

 

 

 

 

 

5 BB

166,8

77,9

10,5

33,5

26G

172,1

78,2

10,4

29,4

SO4

164,6

78,9

10,6

27,0

Binova

167,7

78,7

10,5

27,5

Riesling Ranzenberg Mittelwerte aus 1995 bis 1999

SO4

115,2

78,7

12,4

24,5

26G

117,0

78,8

12,4

23,8

Börner

118,4

78,6

12,4

25,3

 

Fazit
 

Sowohl bei der Unterlagen- als auch insbesondere der Sorten- und Klonenwahl sind noch Reserven zur Verbesserung der Sortentypizität unserer Weine vorhanden. Diese gilt es gezielt zu nutzen. Ein Sortenwechsel bietet sich dort an, wo die natürlichen Standortgegebenheiten für die neue Sorte ideal geeignet sind bzw. besonders sortentypische Weine erwarten lassen. Empfehlungen für neuere Unterlagen können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben werden. Hier müssen Ergebnisse regionaler Versuche, einschließlich Weinausbau, abgewartet werden.

Um tatsächlich die gewünschte Pfropfkombination vom Veredlungsbetrieb zu bekommen, ist eine rechtzeitige Bestellung nötig.

 

In Anlehnung an ein Referat anlässlich eines Treffens von Genossenschafts-vorständen am 12.6.2008 in der LVWO Weinsberg.

 

 

 

  LWG Veitshöchheim